Das Schreiben ist etwas Wunderbares. Es macht unheimlich viel Spaß, aber es verändert auch die Art, wie ich lese. Nicht nur, dass ich mich als Autorin nun anders mit Texten auseinandersetze, sondern auch die Zeit, die mir zum Lesen fehlt, weil ich selbst Worte produziere. Ich kann nur eine Sache zur Zeit richtig gut. Entweder Lesen oder Schreiben. So bildete sich seit Beginn meiner eigenen Autorenkarriere eine Art Leseblockade.
Wie ich in meine Leseblockade rutschte
Mir war lange Zeit nicht klar, dass das, was ich da für ein Leseproblem hatte, vermutlich eine richtige Leseblockade war. Nicht jeder der „Leseblockade“ sagt, meint auch eine Blockade. Manchmal heißt es einfach „Ich habe gerade keine Lust zu lesen und suche ein Wort dafür.“. Ich finde niemand braucht kein Wort, keine Ausrede dafür, wenn er oder sie mal eine Weile nicht lesen möchte. Ich habe doch auch keine Sportblockade, weil ich keine Lust aufs Fitnessstudio habe, oder?
Verglichen mit einer Muskel- oder Wirbelblockade war aber mein Gefühl beim Lesen viel eher ein „Ich will, aber es geht nicht richtig“.
Bücher haben sich in meinem Schrank gesammelt, denn ich wollte ja lesen und es gab so viele tolle Bücher.
Händeringend habe ich nach weiteren Büchern gesucht, die mein Interesse länger fesseln würden. Aber die neuen Bücher standen dann auch nur im Schrank oder wurden angelesen und wieder weggestellt. Waren es die falschen Bücher? Was war nur falsch an meiner Buchauswahl? Ich versuchte ein Buch, bei dem andere Leser richtig viel Spaß am Lesen hatten, aber bei mir funktionierte es einfach nicht. Der Funke sprang nicht über.
Okay, vielleicht war es das falsche Buch für mich, also probierte ich ein weiteres mit dem gleichen Ergebnis.
Es fühlte sich ziemlich doof an. Ich wollte doch gern wieder entspannt lesen und mich gut unterhalten lassen. es ging doch früher. Warum jetzt nicht?
So habe ich 2017 meine Bücher sortiert und die ungelesenen alle auf einen Haufen verfrachtet (natürlich sorgsam gestapelt und nicht achtlos geworfen). Dieser mächtige Stapel ungelesener Bücher machte ziemlichen Eindruck auf mich und ich wollte ihn gern ein wenig abbauen, aber gleichzeitig wusste ich immer noch nicht, wie ich diese Blockade überwinden konnte.

Ich sortierte also alle Bücher, in denen ich schon relativ viel gelesen hatte zusammen und wollte zunächst eins davon beenden. Denn das Beenden fühlte sich an wie ein Erfolg, den ich dringend brauchte. Erfolgserlebnisse motivieren und vielleicht fehlte mir die richtige Motivation.
Ich zwang mich also dazu, eins von den angelesenen Büchern auszuwählen und zu beenden. Es dauerte eine ganze Weile und es machte nur bedingt Spaß.

Also suchte ich eine Buchhandlung auf und suchte nach Büchern, die ich gern und schnell lesen konnte. Für ein schnelles Erfolgserlebnis sollten die Bücher dünn und leicht geschrieben sein, denn ich wollte mich nicht in schöner Sprache verlieren, sondern Bücher beenden. Es klappte. Die dünnen, einfach geschriebenen Krimis konnte ich bewältigen. Und wie erwartet, motivierten mich die Erfolge.
Erneut widmete ich mich meinem riesigen Stapel. Ich nahm jedes Buch in die Hand und notierte Autor, Titel und Seitenzahl (und veröffentlichte den Stapel auf meinem Blog). Glücklicherweise durfte ich zum wiederholten Male feststellen, dass ich die meisten dieser Bücher wirklich gern lesen würde und ich merkte auch, dass mir die Größe des Stapels keine Angst macht. Aber an die dicken Exemplare traute ich mich nicht heran. Zu groß war die Gefahr, dass ich wieder irgendwo mitten drin die Lust verlieren könnte.
Ich betrachtete meinen Stapel ungelesener Bücher also noch einmal mit anderen Augen. Welche der Bücher haben das Potenzial, mir einen schnellen Erfolg zu verschaffen?
Natürlich kaufte ich weiterhin neue Bücher, denn das Ziel Spaß am Lesen zu haben steht für mich eindeutig über dem Ziel, den Stapel zu verkleinern. Beim Kaufen achtete ich aber nun auch darauf, dass ich die Bücher zügig durchlesen könnte.
2018
Im Moment stehe ich an einem Punkt in der Bewältigung meiner Blockade, der sich anfühlt, als würde es noch eine ganze Weile dauern, bis ich einfach wieder achtlos ein Buch greife und mit Freude vom Anfang bis zum Ende darin lese. Trotzdem bin ich schon viel weiter als noch vor einem Jahr und dafür bin ich dankbar.

Ich habe seit Weihnachten bereits drei Bücher beendet und stehe auch bei meinem vierten kurz vor einem Erfolg. Keines der Bücher hatte mehr als 400 Seiten und an dicke Bücher traue ich mich immer noch nicht. Ich habe keine Ahnung, wie lange es noch dauert, bis ich mich wieder an Wälzer wie „Die Arena“ von Stephen King trauen werde und ob ich es bewältigen kann.
Das merkwürdige an der Situation ist, dass es nicht immer so war. Ich habe mein ganzes Leben lang immer viel gelesen. Auch anspruchsvolleres und gern auch mehrere Bücher parallel. Parallel lese ich aktuell so gut wie gar nicht (höchstens mal ein ebook parallel zu einem Print), weil die Aufteilung der gelesenen Seiten auf mehrere Bücher mich gefühlt weiter vom Erfolgserlebnis entfernt. Natürlich ist das nicht real, aber es fühlt sich für mich eben im Moment so an.
Als zusätzliche Motivation nehme ich in 2018 an zwei Lese-Challenges teil, aber ich werde mich nicht dazu zwingen, die Anforderungen zu erfüllen, wenn es sich falsch anfühlt. Zum Beispiel ist auf meiner Liste für die Zeilenspringer Challenge (18für2018) auch „Die Arena“ verzeichnet, aber wenn es nicht geht, geht es eben nicht…
Update 2021
Ich lese wieder gerne. Meinen SuB habe ich radikal reduziert. Zwar haben mich viele Bücher irgendwie angesprochen und meine Neugier geweckt, aber mich tagelang damit beschäftigen wollte ich vielfach eben doch nicht. Viele der Bücher haben inzwischen ein neues Zuhause gefunden. Ich betrachte den SuB nicht mehr als Aufgabe, die ich bewältigen muss.
Langsam aber sicher robbe ich mich wieder an meine 30 Bücher im Jahr und vielleicht werden es auch wieder 50 Bücher in 2022. Mehr muss nicht unbedingt sein. Ich zähle Hörbücher dazu und habe einige Bücher, die als Prints in meinem Regal standen inzwischen gehört.
Den echten Wechsel zwischen Spaß und Pflicht hat es wohl gebracht, dass ich nun vorwiegend auf englisch lese. Da kann ich eben gar nicht auf den alten SuB zurückgreifen und habe nicht das Gefühl, dass ich das tun müsste.
Wie geht es dir?
Kennst du diese Art von Leseblockade?
Hast du es vielleicht selbst schon einmal überwunden?
Wie ist es dir gelungen?
Verrate es mir gerne in den Kommentaren.
2 Antworten zu “Wie ich mit meiner Leseblockade umging”
Hallo, ich habe deinen Beitrag gelesen und würde gerne auch wieder lesen. Seit Jahren habe ich keine Lust ein Buch zu ende zu lesen. Ich fing mit 13 Jahren an zu lesen und bis ich 30 Jahre alt wurde gabe ich alles gelesen. Ich liebe Bücher, Ihren Geruch und auch das schöne aussehen. Doch warum kann ich keins lesen? Immer wieder fange ich Bücher an aber lege sie dann wieder weg. Warum ist das so? Habe ich keine Ruhe mehr oder einfach nur das falsche Genre? Ich weiß es nicht.
Ganz lieben Dank für deinen Kommentar. Das ist wirklich nicht leicht. Es gibt so viele mögliche Gründe. Ich mag für den Wiedereinstieg ganz gerne kurze Geschichten, weil sie ein schnelles „Ergebnis“ bringen, aber dieses Gefühl, Hals über Kopf in einer Geschichte zu stecken, bringt das nicht. Hast du mal Hörbücher probiert?