Ich werde oft gefragt, wie lange ein Buch bei mir von der Idee zur Veröffentlichung braucht. Meine Antwort lautet oft im ersten Moment „Das kommt darauf an“. Wenn ich ein wenig länger darüber nachdenke, sind es oft 2 Jahre.
Wie dieser Prozess bei mir aussieht, möchte ich in diesem Autorentagebuch für dich einmal dokumentieren.
September 2022
Autorentagebuch 20.09.2022: Der Tag, an dem alles beginnt
Zum NaNoWriMo 2022 wünsche ich mir ein neues frisches Projekt, das mein persönliches Feuer nach dem eher schreibarmen Sommer entfachen kann. Also habe ich nachgedacht, welche Stimmung mir Spaß machen würde.
Die Antwort hatte ich nach einem Tag und einer Nacht.
Es sollte düster, ein wenig viktorianisch und ein wenig nebelig sein. Aber auch spannend, knisternd und … nun ja, das gewisse Etwas haben.
Ich wollte ungern etwas komplett Neues anreißen, weil ich mich kenne. Nie im Leben schreibe ich EIN Buch in einer Welt. Es werden immer mindestens in meinem Kopf mehr und meine Leserinnen wollen oft mehr – genau wie ich.
Deshalb habe ich nachgedacht, welches meiner Pseudonyme den richtigen Rahmen für die gewünschte Stimmung setzt und bin bei dem unveröffentlichten gelandet – wäre sonst ja auch zu einfach.
In diesem Pseudonym habe ich eine geeignete Welt und ein Setting war letztes Jahr schon einmal kurz da. (Alle guten Ideen kommen irgendwann wieder)
Autorentagebuch 22.09.2022: Das Gerüst steht, jetzt können wir die Innengestaltung angehen
Es dauert nicht ganz weitere 24 Stunden bis ein erstes Pinterest Board, ein Arbeitstitel The Academy Project (TAP) und eine Basisgeschichte entsteht. Zwei Protagonistinnen habe ich vor Augen, die die Geschichte erzählen werden. Das Ende kenne ich noch nicht. Doch ich kenne immerhin wesentliche Elemente, das Genre und einige Tropes, die ich nutzen werde.
Meine Erkenntnisse und Ideen sammle ich auf einem Miro-Board – ein Spielzeug, das ich aus meiner Arbeitswelt mitgebracht habe. Wie ich mich kenne, passiert in meinem Kopf viel mehr, als ich aufs Papier banne.

Alles kann sich noch ändern. Der Fokus kann sich völlig verschieben und vielleicht komme ich im NaNoWriMo überhaupt nicht zu dem Projekt. Alles kann passieren…
Autorentagebuch 24.09.2022 Alles muss neu…
Heute habe ich ein neues Notizbuch und einen schönen Kugelschreiber für mein Projekt gekauft. Bilder werden von dem Pinterest Board ausgedruckt und ausgeschnitten…
Die Folie vom Notizbuch ist noch unberührt, wie bei den meisten anderen unbenutzten Notizbüchern in meiner Schublade. Das heißt trotzdem nicht, dass ich kein neues Notizbuch brauche!
Autorentagebuch 25.09.2022: Anordnen der Puzzleteile
Ein paar erste Plotpoints habe ich in meinem Board notiert. Es wird spannend. Ich weiß noch nicht, wer gut und wer böse ist…
Was ist The Academy Project (TAP)?
Eine düstere Akademie-Geschichte um ein Hexeninternat in den Sümpfen Louisianas.
…(more to come)
Oktober 2022
Autorentagebuch 05.10.2022: Hauptfiguren nehmen Formen an
Meine beiden Hauptfiguren haben nun ein Gesicht, ihre Wunden, Wünsche und ihre wahren Bedürfnisse. Sie sind zwei Seiten einer Medaille und passen so perfekt zusammen in dieses Buch…
Außerdem haben sie Namen bekommen und jede von ihnen eine Geschichte, wie sie geworden sind, wer sie sind.
Auch mein Antagonist tritt langsam aus dem Nebel.

Autorentagebuch 10.10.2022: Die Handlung sammelt sich auf Kärtchen
Nachdem mir gestern bei einem Spaziergang eine Szene recht deutlich vor Augen stand, musste ich sie aufschreiben. Zumindest in Stichpunkten. Also habe ich mir ein paar festere Zettel zu Karteikarten geschnitten und ein paar Plotpunkte aufgeschrieben, die ich jetzt munter hin und her schieben kann.
Ich habe das Gefühl, dass ich viel zu viel Handlung für ein Buch habe, will aber keinen Mehrteiler daraus machen. Das Buch spielt ohnehin in einem größeren Universum und Auftritte von Figuren in einem der anderen Bücher sind nicht ausgeschlossen.
Gestern habe ich mein letztes Buchprojekt vor dem diesjährigen NaNoWriMo abgeschlossen und mal wieder festgestellt, wie schnell doch 75.000 Wörter in einer Geschichte stecken… (nicht dass sie schnell geschrieben wären… NEIN).
Reichen rund 100.000 um diese Geschichte zu erzählen? Wir werden sehen.
Als nächstes möchte ich eine Karte des Schulgeländes anlegen und den Stundenplan gestalten.
Autorentagebuch 13.10.2022 Ich weiß, was ich nicht weiß
Es gibt so viele Dinge, die ich über meine Geschichte noch nicht weiß, dass ich allein damit ein ganzes Buch füllen könnte.
Mir fehlt noch ein Haufen Nebencharaktere, eine Hintergrundgeschichte für den Antagonisten, aus der seine schlüssige Motivation hervorgeht. Die besondere Fähigkeit meiner zweiten Hauptfigur (wenigstens die der ersten habe ich erkannt und vielleicht kristallisiert sich da auch etwas für Figur Nr. 2 heraus). Außerdem fehlen mir noch die Verbindungen zwischen den mir bekannten Plotpunken… es gibt noch so viel zu tun!
Zum Glück kann ich dem Prozess vertrauen, dass ein ganzes Buch daraus werden wird. Morgen steht erstmal die Veröffentlichung meines nächsten Romans auf der Zeitachse…
Autorentagebuch 19.10.2022 Wachstum
Über die Recherche für dieses Buch kann ich fast schon ein eigenes Buch schreiben. Ich recherchiere Architektur, Pflanzen und Tiere der Region. Am Wochenende werde ich eine VR-Reise nach Louisiana unternehmen, weil ich mich gerade beruflich ohnehin mit dem VR-Thema beschäftige und das Equipment dafür zuhause habe. Also am Wochenende findet ihr mich in New Orleans und Baton Rouge.
Eine Karte vom Akademie-Gelände habe ich inzwischen grob gezeichnet, aber ich werde wahrscheinlich noch ein paar Änderungen vornehmen, weil ich noch keine Gebäude und Anlagen gefunden habe, in der ich so viele Menschen unterbringen könnte. Vermutlich werde ich daher die Wohngebäude meiner Akademie-Schüler auslagern. Ja, möglicherweise übertreibe ich es, ABER Hogwarts ist ein magisches Schloss in England, das grundsätzlich eine typische Architektur hat – so ein Schloss kann ich nicht nach Louisiana setzen, um alle Schüler und Lehrer darin unterzubringen. Also muss ich mir eine Lösung suchen, mit der ich zufrieden bin und wer weiß, was sich für Plottwists aus diesen Recherchen ergeben…
Nachdem ich zu Beginn des Jahres Dark and Shallow Lies gelesen habe, in dem mich die Beschreibung des Settings in Süd-Louisiana total beeindruckt hat, habe ich hohe Ansprüche an meine eigene Beschreibung. Deshalb habe ich jetzt die Chance genutzt (vorsätzlich und geplant seit September), mich dem analytischen Lesen zu widmen. Das Thema wird einen eigenen Blogpost kriegen. Im Augenblick zerlege ich Dark and Shallow Lies, um zu sehen, wie Gina Myers Sain es geschafft hat, die schwüle Hitze so spürbar zu machen, dass ich das Schmatzen der Schuhe im Sumpf im Ohr hatte, wenn die Figuren gelaufen sind…
Ich lerne also gerade wieder bewusst etwas dazu – dafür ist bei mir die Zeit in Herbst und Winter typisch. Ich verschlinge Sachbücher und nehme mir Zeit für die Umsetzung der Übungen (obwohl ich darin echt noch besser werden könnte!).

Autorentagebuch 29.10.2022 Der Plot ist geboren
Mit Hilfe von Save the Cat writes a novel habe ich in der vergangenen Woche den Plot für die Geschichte herausgearbeitet und soeben die letzte Zeile zu meinem Final Image hinzugefügt.
Es gibt noch viel zu entdecken und viele Hinweise einzustreuen… und ich denke nicht, dass alles so bleibt, wie es jetzt auf dem Papier steht. Dafür ist der Schreibprozess zu dynamisch, aber es tut gut, eine Richtung zu haben, in die sich alles bewegt.
Zu wissen, welche Elemente ich brauche, um eine befriedigende Geschichte zu schreiben.
Ach… und übrigens: Einen zweiten Teil der Geschichte habe ich auch schon im Kopf und Protagonistin Nummer 2 hat keinen Blickwinkel mehr. Dafür nutze ich dann die nächste Geschichte…
November 2022
Autorentagebuch 05.11.2022: Das erste Viertel
Als mein diesjähriges Projekt zum NaNoWriMo läuft das Buch wirklich gut. Leider hat mich direkt zum Start eine heftige Erkältung erwischt, aber dennoch habe ich das erste Viertel der Geschichte fast geschafft.
Über 12.500 Wörter sind in den ersten 5 Schreibtagen entstanden. Mehr wäre absolut möglich gewesen, wenn ich fit wäre.
Ich hatte mir für diese Woche Urlaub genommen, um mich voll ins Schreiben zu stürzen. Stattdessen war ich dann eben krank und musste mehr ruhen. Mehr als 3 Stunden saß ich daher an keinem Tag am Rechner – meist eher weniger.
So ist das Leben. Du machst Pläne rund es lacht dir ins Gesicht. Könnte schlimmer kommen!
Ob ich nächste Woche schon wieder arbeiten gehe, weiß ich noch nicht. Je nachdem, wie gut ich mich fühle…
Nur an einem Tag hatte ich in dieser Woche Schwierigkeiten mit meinem Schreiben selbst. An Tag 4 gefiel mir nichts so richtig gut und ich hatte zum ersten Mal keinen Zitatetext für Instagram.
Ich merke, wie viel ich in den letzten Wochen durch meine Studien gelernt habe. Sowas macht mir immer Freude und ich gehe an bestimmte Dinge bewusster heran, um meine Bücher zu verbessern.
Im Augenblick beschäftigt mich die Frage, wie ich meine Nebenfiguren für die Leser besonders einprägsam gestalten kann.
Hier findest du übrigens mein rohes erstes Kapitel der Geschichte The Academy Project (TAP) – Kapitel 1
Dezember 2022
Autorentagebuch 12.12.2022: Nach dem NaNoWriMo
Nachdem ich den ganzen November an einer Erkältung gesessen habe, habe ich zum ersten Mal offiziell den NaNoWriMo gewonnen. Ich habe über 52.000 Wörter im November geschrieben und damit meinen schreibtechnisch produktivsten Monat erlebt. Das Schreiben hat nicht weh getan. Im Gegenteil: Es war mein Anker in diesem Monat.
Trotzdem habe ich nach dem Erreichend es großen Ziels die Zügel locker gelassen und seitdem fällt mir das Schreiben schwerer.
Möglicherweise ist Covid daran schuld, denn das habe ich mir letzte Woche eingefangen. Als letzte in der Familie. 2,5 Jahr sind wir verschont geblieben. Jetzt hat es uns alle auf einmal erwischt. An Schreiben war deshalb kaum zu denken. Ich habe es ein paar Mal versucht, aber erst in den letzten Infektionstagen konnte ich wieder ein bisschen tippen.
Was mir ganz klar auffällt: Das Schreiben einer Geschichte fällt mir viel leichter, wenn ich es jeden Tag tue. Ich bin dann super in der Story und jeder Satz macht mir Freude – sogar in den schwierigen Passagen.
Lektionen, die ich daraus ziehe:
- Mir tut es gut, wenn ich stets nur ein Projekt schreibe. (Fokus)
- Das Ergebnis wird besser, wenn ich jeden Tag dran bleibe. (Weniger Überarbeitungsaufwand)
- Jeden Tag dran zu bleiben, geht mir leichter von der Hand, wenn ich nicht in einen Schreibkater falle. (nicht zu viel auf einmal)
Achtung, meine Lektionen sind nicht universell! Jeder Mensch ist anders.
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich in der größten Sektion des Buches befinde und nicht so genau weiß, was als nächstes passieren muss. Es ist noch so viel zu schreiben, aber der Plot liegt nicht so glasklar vor mir wie in der ersten Hälfte des Buches.
Der Geschichte und mir würde es wahrscheinlich gut tun, wenn ich mir mal einen Tag nehme und die Ereignisse der zweiten Hälfte an die Wand pinne und mit den Ereignissen der ersten Hälfte verbinde, denn natürlich habe ich schon ein paar entscheidende Weichen gestellt, rote Fäden ausgelegt und viele gute Ideen gesammelt, die mir helfen, alles noch besser zu machen.
Außerdem habe ich schicke neue PostIts, die ausprobiert werden wollen. Vielleicht finde ich diese Zeit ja heute und mache es einfach.
Übrigens hat es mir riesigen Spaß gemacht, das Buch kapitelweise auf Patreon zu stellen und ich denke, damit werde ich auch jetzt weitermachen.
Eine Antwort zu “Autorentagebuch: The Academy Project (TAP)”
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