Als angehender Autor weißt du es vielleicht noch ganz genau, doch nach dem Veröffentlichen der ersten Bücher verschwimmt die Welt ein wenig. Die Ränder werden unscharf und die Vergleiche mit anderen Autoren trüben das eigene Bild. Bin ich gut? Bin ich erfolgreich? Ist mein Schreiben etwas wert?
Wir haben uns von dem Ort entfernt, an dem wir begonnen haben. Und das ist vielleicht auch gut so, aber lass uns mal zurückblicken und uns selbst die Augen öffnen. Die Welt wieder gerade rücken und ganz bei uns bleiben.
Lasst uns doch heute mal darüber reden, warum du angefangen hast zu schreiben.
Was liebst du am Schreiben und warum hast du damit angefangen?
Für mich begann die Schreibreise relativ spät. Erst Anfang dreißig habe ich das Schreiben fiktiver Geschichten für mich entdeckt. In meinem Kopf hingen schon ewig Szenen herum, in die ich mich immer wieder gern geflüchtet habe. Aufregende Leben anderer Menschen, die ich gestaltete. Nur ans Aufschreiben dachte ich selten und schon gar nicht ernsthaft.
Ich hatte einen ernsthaften Job, der mir ein solides Einkommen schenkte. Ich hatte eine Beziehung, in der ich glücklich war (und noch bin). Ich war gesund und meine Lieben ebenso. Mein Leben war gut und ich hatte sowas wie Freizeit. Aber mein Leben war auch ziemlich farblos.
So riet mir meine Mutter irgendwann dazu, eine meiner verrückten Ideen aufzuschreiben. Einfach so.
Kaum hatte ich meinen ersten Widerstand gegen den Tipp von außen aufgegeben, tauchte ich voll in eine fremde Welt ein. Ich durfte recherchieren. Es hatte einen Zweck, der darüber hinausging, einfach Neues zu entdecken. Ich brauchte Informationen. Ich erfand eine Geschichte von drei Studentinnen, die aus unterschiedlichsten Gründen, einen Roadtrip durch Europa machen wollen und gemeinsam losfahren. Diese Geschichte begleitete mich auf Spaziergängen und ich schwamm in jeder freien Sekunde darin. Ich war jedes dieser drei Mädchen. Ich lernte ihre Welt und Motivationen kennen und fuhr mit ihnen durch Europa. Gemeinsam trafen wir fremde Menschen und besuchten fremde Orte. Es war berauschend.
Genauso ist es bis heute bei jeder Geschichte, die ich schreibe. Bei manchen ist das Gefühl zu treiben intensiver als bei anderen, aber jedes Mal, darf ich jemand anderes sein. In fremde Haut schlüpfen und Dinge tun, die ich nie selbst tun würde oder könnte.
Bei der Frage, ob etwas von mir in meinen Figuren steckt, gerate ich stets ein wenig ins Trudeln. Ich bin so viele und nur eine Person davon lebe ich aus. Die anderen stecke ich in meine Bücher. Wie viel von „mir“ aber darin steckt, kann ich nicht sagen, denn wer bin ich eigentlich?
Als ich High Fashion Mystery begann, war ich plötzlich ganz viele Menschen auf einmal. Meist ist es doch eher eine beschränkte Anzahl von Figuren, die gleichzeitig in meinem Kopf toben und meine Wirklichkeit bereichern. Aktuell stecke ich in einer neuen Geschichte, für die ich recherchieren darf, und habe neue Protagonisten, in deren Haut ich schlüpfen kann.
Was ich am Schreiben liebe ist also, dass ich alles und überall sein kann, ohne mich oder meinen Standort zu verändern. Ich kann alles tun, ohne mich zu bewegen.
Deshalb werde ich nie nur eine Serie in einem Genre schreiben können. Ich WILL mich verändern. Ich WILL diese fremden Leben leben. Ich WILL entdecken. Ich WILL reisen. In meinen Büchern kann ich das alles. Und ich werde niemals damit aufhören, all diese Menschen zu sein und ihre Leben durcheinander zu bringen… Text auf Papier ist ein Medium um diesen Teil meiner Selbst zu manifestieren.
Mein Roadtrip-Roman ist übrigens nie ganz fertig geworden. Ich habe zwar Ende darunter geschrieben, aber ich war mit der Geschichte nie so zufrieden, dass ich sie aus der Hand gegeben habe. Ein kleines Bruchstück davon ist in Janas und Finn Geschichte gewandert. Marco (in Indie.Pop.Liebe) war der Antrieb einer meiner drei Protagonistinnen, um die Stadt zu verlassen. In der Roadtrip-Geschichte, die nie einen echten Titel bekommen hat, gab es eine Szene, in der Marco quer durch Europa gereist ist, um seine Freundin zurückzugewinnen und sich mit ihrem neuen Schwarm (auch ein Musiker wie Finn) anzulegen… hach, was für eine coole Szene in einem portugiesischen Ferienhaus… Irgendwie ist diese Szene dann auch in Indie.Pop.Liebe eingezogen – weißt du noch?
Jetzt bist du dran:
2 Antworten zu “Was ich am Schreiben liebe und warum ich es niemals aufgeben werde”
Hallo Erin,
danke ersteinmal, dass du dies mit uns teilst. Es ist erstaunlich wie Menschen zum Schreiben kommen und es fasziniert mich jedes Mal wenn ich jemanden davon reden höre (in dem Fall schreiben sehe).
Bei mir fing es sehr früh an. Erst wurde mir vorgelesen (mein Onkel hatte sogar oft die Stimme verstellt um andere Charaktere darzustellen) und danach fing ich an „vorzulesen“. Es waren meist nur „Fortsetzungen“ der Kindergeschichten oder Veränderungen davon. Später kam es erst das ich eigene Geschichten ausgedacht habe und irgendwann in der Schulzeit (ich hatte da Darstellendes Spiel, also Theater) habe ich erst richtig angefangen die Geschichten auf Papier zubannen. Vorher waren sie immer in meinem Kopf oder auf Kasette gesprochen. (Oh man, das waren Zeiten.) Sie waren recht kurz aber von einer Lehrerin, der ich sie zum lesen gegeben hatte, wurden sie kritisch gelesen. Sie gab Lob und auch Verbesserungsvorschläge. (Einige Rotstriche waren dabei. Uff!) Sie mochte die Geschichte eines redenen Katers sehr und meinte das hätte Potenzial, wenn ich weiter an mich und meine Fähigkeitem arbeite. Damit war sie sogesehen meine erste Lektorin. Haha. Und diese Frau, deren Name ich leider schon vor Jahren vergessen habe, hat mir Mut gemacht weiterzumachen. Einfach weiter neue Geschichten auszudenken… Mit den Protas zu leiden, zu lachen. Und so vieles mehr.
Ich verdanke dieser Lehrerin und meinem Onkel das ich heute das tue was ich gerne tue: Geschichten ausdenken. 🙂
Das ist eine schöne Geschichte. Ich habe bei meinen Fantasiegeschichten nie den Stift in die Hand genommen, sondern einfach ‚gesponnen‘ und die Geschichte hat sich vor meinem inneren Auge abgespielt. Allerdings habe ich erst später gelernt, wie wichtig eine ordentliche Struktur und ein Plot mit rotem Faden ist…. frühere Geschichten waren zwar zum Tagträumen toll, aber zum Lesen nicht besonders geeignet.