Erin plaudert… Alles, was du über das Lektorat wissen musst

mit Natalie Röllig, Oliver Jung-Kostick, Serena Avanlea und Rebecca Feist

Herzlich willkommen zu einem neuen Format auf dieser Seite. Ich mag ja, gesellige Abende mit interessanten Menschen. Die Gespräche machen diese Abende für mich besonders schön. Viel zu selten habe ich dabei Autorenkollegen, Designer oder Lektoren in ausreichender Anzahl vor Ort, aber das Problem lässt sich dem Internet sei Dank inzwischen lösen.

Es lässt sich wohl kaum leugnen, dass ich in den großartigen Zeiten der TV-Talkshows aufgewachsen bin, was mich zu diesem Talkformat inspiriert hat. Bei uns geht es allerdings friedlicher und informativer zu als im Nachmittagsprogramm der 90er.

Für den Start in das neue Format habe ich mir ein Thema ausgesucht, über das wir meiner Meinung nach mal etwas offener reden sollten. Das Lektorat. Noch immer herrscht in Gesprächen unter Autoren oft Uneinigkeit darüber, was ein Lektor eigentlich genau macht und was er darf. Ich erinnere mich an Klagen von Autoren, dass ein Lektor ihnen den eigenen Stil austreiben wollte und das halbe Buch umgeschrieben habe. Nun ist die Frage, ob der Stil wirklich Stil war oder lediglich die häufige Benutzung von Füllwörtern oder ähnlichem markiert wurde, aber das können wir ohne Kenntnis des konkreten Beispiels unmöglich beurteilen. Was wir aber können … Wir werden heute mit vier Lektoren mit unterschiedlichen Hintergründen und Schwerpunkten reden und bekannte Irrtümer aufklären.

Meine heutigen Gäste

Über Natalie Röllig:

Schon in jungen Jahren hat mich das Schreibfieber gepackt und nicht mehr losgelassen. Nach dem Abitur führte mich mein Weg zunächst zur Kriminalpolizei, mit dem Gedanken, einmal selbst Krimis und Thriller zu veröffentlichen. Als Kriminalkommissarin habe ich einiges gesehen und erlebt, was den Augen der meisten verborgen bleibt, sodass ich mit meinen einunddreißig Jahren vielfältige Erfahrungen gesammelt habe. Doch nur die kreative Arbeit mit Worten erfüllt mich wirklich, weshalb ich die Dienstmarke abgelegt und mich zur Lektorin weitergebildet habe. Neben Krimis und Thrillern lektoriere ich besonders gerne Liebesromane, Fantasy sowie Young Adult und unterstütze Autoren auch beim Schreiben eines Exposés oder Klappentexts.


Über Oliver Jung-Kostick

Mein Name ist Oliver Jung-Kostick. Von der Ausbildung her bin ich Industriekaufmann und Diplom-Jurist univ. (Schwerpunkt: Wirtschaft / Steuern / Urheberrecht).Ich schreibe seit Ende 1977. Seit Ende der 80er lektoriere ich (Diplom- und Doktorarbeiten Jura, Medizin, Landespflege), seit den 90ern arbeitete ich als Journalist und Lektor, seit 2015 zusätzlich als Lektor literarische und journalistische Arbeiten. Für einen Verlag habe ich Manuskripte auf Qualität und Marktreife untersucht und Gutachten geschrieben. Ich biete Lektorate und Schreibcoaching sowie Gutachten an. Im Gegensatz zu anderen LektorInnen arbeite ich aus Gründen der Fairness bewusst nicht mit Seitenhonoraren, damit die unterschiedliche Qualität der zu lektorierenden Texte sich auch im Preis widerspiegelt. Wer schon recht druckreif schreibt, zahlt weniger. Es gibt kleinteilig „Sollbruchstellen“, an denen KundInnen jederzeit aussteigen können. All dies wird vorher vereinbart – es gibt also keine überraschenden Honorarforderungen.

Ich setze auf viel Eigenarbeit der AutorInnen, damit ich weniger Geld verlangen muss, also z.B. einfache Korrekturläufe mit „Suche und ersetze“ selber durchführen. Am Anfang wird analysiert, wo auffällige Schwachstellen oder Fehler liegen – und diese werden dann an die AuftraggeberInnen zurückgemeldet, damit sie diese Sachen selbst korrigieren können. Das spart ihnen Geld und mir Zeit und Nerven. Auf keinen Fall lektoriere ich einen Text, der so viele Baustellen hat, dass die AuftraggeberInnen den Gegenwert eines Eigenheims investieren müssten, damit das Werk druckbar wird.


Über Serena Avanlea:

Hallo, ich bin Serena. Eigentlich Verlagslektorin, momentan aber in Elternzeit und so lange freie Lektorin (vielleicht auch länger, mal sehen 😉). Keine Ahnung, ob mich etwas von anderen unterscheidet, ich kann nur sagen, dass ich meinen Schwerpunkt auf klassische Genre-Literatur gelegt habe, besonders auf Dramaturgie und Spannung achte und es mir immer ein Anliegen ist, dass der Autor durch das Lektorat auch dazulernt.


Über Rebecca Feist:

Ich bin Rebecca, 42 und arbeite nebenberuflich als Lektorin und Korrektorin, wobei momentan der Korrekturanteil überwiegt. Ich lektoriere Romane, Kurzgeschichten, Exposés oder sonstige Texte, bisher meist im Bereich Belletristik. Hauptberuflich arbeite ich seit über 20 Jahren in einem Berliner Fachverlag und unterstütze dort das Lektorat im Fachgebiet Bauwesen. Meine Freizeit gestalte ich mit meinem 12jährigen Sohn, meinen Katzen und Freunden. Ich fotografiere sehr gern und bin (nicht nur deshalb) ein kleiner Instagram-Junkie. 😊


Hallo Natalie, Oliver, Serena und Rebecca. Schön, dass ihr für diese Premiere meine Gäste seid. Mir brennen einige Fragen zum Thema Lektorat auf der Seele, aber starten wir erstmal bei den Grundlagen:

Was bietest du als Lektor an?

Natalie: Ich biete natürlich Lektorate an, von kompletten Romanen, von Kurzgeschichten, von Textauszügen, Klappentexten und Exposés. Außerdem kann man bei mir ein Korrektorat Plus buchen und ich verfasse bei Bedarf auch Texte für Kunden, z. B. Werbetexte, Exposés oder Klappentexte.

Oliver: Ich mache dasselbe wie Natalie, baue aber anders auf. Und als Jurist mit Schwerpunkt Urheberrecht äußere ich mich natürlich auch zu Verlagsverträgen.

Serena: Ich biete so ziemlich das Gleiche wie Natalie an, dazu aber noch Coaching, jedoch kein Korrektorat.

Oliver: Sorry – Coaching hab ich vergessen.

Was kostet ein Lektorat – bzw. wonach richtet sich der Preis?

Serena: Bei mir kostet ein Lektorat mit einem Durchgang 5€ pro Seite, bei zwei Durchgängen 7,50€.

Rebecca: Ich berechne für ein Lektorat ab 3 € pro Normseite. Das richtet sich natürlich auch nach Aufwand. Einzelabsprachen sind immer möglich. 

Oliver: Ich mache es anders, da ich die Normseitenmethode nicht okay finde. Die Qualität des zu lektorierenden Textes wirkt sich unmittelbar auf den Preis aus. Ich arbeite mit Sollbruchstellen und Begutachtungen sowie Arbeitsanweisungen: was kann der Auftraggeber selbst machen? – Das senkt den Preis. Als Stundenhonorar verlange ich 70 € brutto – was ich auch bekomme – und das führt dann zu Seitenhonoraren von 1,70 € bis 4,50€ – wie gesagt, je nach Qualität der Vorlage

Natalie: Bei mir bekommt man ein Lektorat ab 7,50 € inkl. MwSt. pro Normseite, ein Korrektorat Plus ab 5,00 €. Der genaue Preis ist abhängig vom Bearbeitungsaufwand und wird vor Beginn der Arbeit, nach dem Probelektorat, festgelegt.

Rebecca: Darf ich fragen, weshalb du die Berechnung nach Normseite nicht ok findest?

Oliver: Das habe ich bereits beantwortet – ganz einfach: Ich habe Manuskripte, wo ich seitenweise NIX zu beanstanden habe. Dann habe ich Manuskripte, wo ich auf einer Seite 30 plus Bemerkungen habe. Es ist für mich nicht okay, den „guten“ Autor/Autorin mit dieser rein quantitativen Berechnung zu „bestrafen“, auch wenn der große Vorteil natürlich in der leichten – für beide Teile leichten – Berechenbarkeit liegt.

Welche Leistungen sind in einem Lektorat nicht enthalten?

Serena: In meinem Lektorat ist kein komplettes Korrektorat enthalten (wobei ich selbstverständlich auch auf Fehler achte und dafür ein gutes Auge habe, trotzdem ersetzt es kein Korrektorat). Ich mache keine umfangreiche Faktenprüfung und abgesehen von Absätzen keine Formatierung.

Oliver: Alles, was die AuftraggeberInnen selbst machen können oder was von anderen Profis erledigt werden muss. Ghostwriting. Typografie, Satz. Ich übernehme keine Garantie für 100-prozentige Freiheit von Fehlern. Fakten und wissenschaftliche Hintergründe (z.b. Forensik) überprüfe ich nur, wenn ich Angst habe, dass das ganze Manuskript „kippen“ könnte. Ich warne aber auf jeden Fall bzw. ermuntere, bestimmte kritische Punkte noch einmal ganz genau zu recherchieren. Unerbittlich bin ich natürlich bei juristischen Fehlern. grins

Bietest du ein (kostenloses) Probelektorat an und wenn ja, was kann sich der Autor darunter vorstellen?

Oliver: Ja, die ersten zehn Seiten. Ich identifiziere typische Fehler, die die AutorInnen leicht selbst ändern können. Ich gebe Rückmeldung oder verdeutliche in Beispielen, warum eine andere sprachliche/erzählerische Verpackung besser wäre. Es ist eine Mischung aus Gutachten und erstem Coaching.

Serena: Ich biete ein kostenloses Probelektorat von fünf Seiten an, damit der Autor/die Autorin sehen kann, wie ich arbeite. Also, worauf ich achte, was ich kommentiere etc. Gleichzeitig nutze ich dies, um mich mit dem Text vertraut zu machen, und zu sehen, ob er für mich überhaupt in Frage kommt.

Natalie: Ich biete ein kostenloses Probelektorat der ersten drei Normseiten an. Es ist eine Arbeitsprobe, sodass der Autor sehen kann, ob ihm meine Arbeitsweise gefällt.

Wann ist ein Text reif für ein Lektorat?

Natalie: Wenn der Autor mit seinem Text so weit zufrieden ist, dass er selbst nichts weiter daran zu verbessern wüsste. Optimalerweise haben vor dem Lektorat auch bereits Testleser ihr Feedback gegeben. Denn je besser die Ausgangsqualität des Textes ist, desto mehr kann der Lektor gemeinsam mit dem Autor aus dem Manuskript herausholen.

Oliver: Wenn AutorInnen denken, dass das Werk fertig ist – also vollständig und so gut, wie sie können. Das kann sich natürlich ändern, wenn ich es in die Finger bekommen habe …

Serena: Dem kann ich mich nur anschließen.

Rebecca: Ich auch.

Wie findet ein Autor bzw. ein Werk einen passenden Lektor?

Rebecca: In meinem Fall funktioniert das meist über gemeinsame Kontakte, sprich Empfehlungen. Ansonsten bietet sich für Selfpublisher (die ja selbst suchen müssen) die Möglichkeit, sich auf diversen Foren umzusehen.

Oliver: Ausprobieren: Probelektorate, Empfehlung, Portale für Korrektur/Lektorat, Autorengruppen

Serena: Man kann auch immer ins Impressum gucken, wenn einem ein Buch gefallen hat. Meist stehen da die Lektoren mit drin. Ansonsten hat der VFL (Verband freier Lektoren) glaube ich auch noch eine Liste …

Lohnt es sich, mit unterschiedlichen Lektoren zu arbeiten, oder sollte man bei einem bleiben, mit dem man sich wohl fühlt?

Serena: Ich denke, wenn man einen gefunden hat, wo es gut harmoniert hat und man das Gefühl hatte, dass sich der Text dadurch verbessert, sollte man daran festhalten. Wenn man sich gegenseitig kennt, weiß man einfach worauf man sich einstellen kann und worauf man besonders achten sollte.

Auf der anderen Seite spricht auch nichts dagegen, nach ein paar Werken mal den Lektor zu wechseln, um noch mal eine neue Perspektive zu bekommen, denn jeder Lektor achtet auf unterschiedliche Dinge.

Oliver: Das ist eine sehr schwierige Frage. Das vertraute Gegenüber kennt mich und meine Macken – aber kommt nicht auch der Punkt, wo wir uns wie ein altes Ehepaar festfahren? Oft probieren meine AutorenkollegInnen jemand anders aus, weil der Lieblingslektor krank, in Urlaub, ausgelastet oder vom Genre her nicht passend ist – und sie machen damit gute Erfahrungen und sind dann je nach Genre bei verschiedenen LektorInnen.

Natalie: Es hängt auch davon ab, ob der Lektor gerade Kapazitäten frei hat. An sich würde ich sagen, wenn die Harmonie stimmt und man zufrieden ist, warum wechseln? Aber manchmal geht es nicht anders, wenn der Autor das Lektorat früher braucht, als der Lektor Zeit für das Manuskript hat.

Woran merkst du, ob die Harmonie zwischen dir als Lektor und dem Autor stimmt?

Oliver: Wenn meine Anregungen ernsthaft bedacht (nicht zwingend auch umgesetzt) werden, wenn ich nicht dauernd gegen verletzte Gefühle/gekränkte Eitelkeit ankämpfen muss, wenn wir auch mal lachen können.

Serena: Ich denke auch, dass das ganz stark Bauchgefühl ist. Der Autor sollte die Änderungsvorschläge auf jeden Fall nachvollziehen können und sich nicht bei jedem Kommentar wundern, was der Lektor da macht. Auf der anderen Seite ist es mir aber auch wichtig, dass der Autor kritikfähig ist. Damit meine ich nicht, dass ich mit jeder Anmerkung recht habe und oft stelle ich auch nur etwas zur Diskussion. Aber wenn ein Autor jede einzelne Anmerkung anzweifelt und seinen Text verteidigt, finde ich es wenig zielführend. Das passt dann anscheinend nicht.

Rebecca: Erstens natürlich am Umgangston miteinander, aber in erster Linie natürlich, ob der Autor kritikfähig ist. Der Lektor selbstverständlich auch.

Natalie: Und natürlich sollte die Zusammenarbeit auch Spaß machen. 

Mit welchen (falschen) Erwartungen kommen Autoren zu dir?

Natalie: Das ist bisher erst ein Mal vorgekommen, dass dies jemand nach einem Lektorat erwartet hat, aber: absolute Fehlerfreiheit. Ein Lektor kann immer nur garantieren, mit der größten Sorgfalt zu arbeiten und so viele Fehler wie möglich aufzuspüren.

Rebecca: Dass man mit wenig Aufwand aus einem schlechten Manuskript einen guten Roman machen kann.

Oliver: Dass ich ihren Text verändern will – dass ich ihr Buch neu schreiben werde – dass die meiste Arbeit nicht bei ihnen selbst liegt, sondern bei mir.

Serena: Wenn die Erwartungen der textlichen Bearbeitung zu sehr in eine andere Richtung gingen, hat man das bei mir bisher meistens beim Probelektorat bereits gemerkt. 

Schwierig finde ich es nur meist, wenn die Autoren unterschätzen, WIE schwer es ist einen Platz in einem Verlagsprogramm zu bekommen.

Das sind spannende Einsichten.


Welche Fragen sollte ein Autor im Vorfeld mit dir oder einem anderen Lektor klären, um Enttäuschungen zu vermeiden?

Rebecca: Leistungsumfang, zeitlicher Aufwand, Arbeitsweise

Oliver: Den technischen Ablauf. Also „Änderungen verfolgen“ und den Umgang damit lernen. Papierausdrucke. Ablauf des Lektorats – dass also stets in EINER Datei geändert wird, die hin und hergeht, bis sie die fertige Datei darstellt. Die Vertragsbedingungen.

Serena: Kosten finde ich auch ganz wichtig. Seltsamerweise ist bei den Seitenpreisen nicht allen klar, wie viel dann da bei einem 300-Seiten-Roman rauskommt. 

Der Rest klärt sich dann ja hoffentlich beim Probelektorat.

Bonusfrage an den Juristen:

Welche Dinge sollten in den Vertragsbedingungen stehen?

Oliver: (rügt mich für meine fiese Frage) ERIN!

Erin: Möchtest du mit einem Link antworten?

Serena: Oh ja, das fände ich auch spannend! 

Oliver: Das würde den Rahmen hier sprengen. Ich empfehle aber,  dass sich beide Teile genaue Gedanken darüber machen, was sie a) WOLLEN b) was sie nicht wollen c) was sie wenigstens wollen, wenn a) oder b) nicht funktionieren.

Ich habe leider keinen empfehlenswerten Link zum Thema, arbeite aber schon länger an einem Artikel dazu.

Serena: Super!

Erin: Den kannst du mir gerne zum späteren Verlinken geben, wenn dein Beitrag fertig ist.

Oliver: Das Problem ist immer, dass die Leute sich entweder KEINE Gedanken machen ODER mit aus dem Netz geklauten Musterverträgen unterschiedlichster Qualität operieren, die sie dann auch noch abändern – und natürlich in allen Versionen ohne Ahnung davon, was sie da eigentlich vereinbaren.

Wir hatten es schon leicht angerissen, aber nochmal zum allgemeinen Verständnis für alle:

Muss man die Anmerkungen eines Lektors immer annehmen?

Serena: Nein. Also zumindest bei Selfpublishern nicht. Wenn man für einen Verlag schreibt, können die auf gewisse Dinge bestehen, wobei auch hier die endgültige Entscheidung immer beim Autor liegt. Aber ein Lektor hat ja auch nicht die allgemeingültige Wahrheit gefressen, sondern eben nur viel Erfahrung. Ich sehe es immer so, dass ich Dinge vorschlage und der Autor kann dann sehen, was er davon annehmen will. Aber natürlich sind mir einige Dinge oft wichtiger als andere.

Oliver: Auf keinen Fall. Das wäre ein schwerer Fehler. Lektorate finden bei mir immer auf Augenhöhe statt: ich mache Anmerkungen, Hinweise, gebe zu bedenken … Es darf WEGEN des Lektorats keine Entfremdung zwischen Werk und AutorIn stattfinden (vergleiche Melanie: „Look what they‘ve done to my song, ma“).

Bei einem guten Lektorat sollte AutorInnen jedoch klar werden, WARUM entsprechende Kritik kommt.

Natalie: Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Es sind immer nur Vorschläge.

Rebecca: Dito.

Muss der Autor euch immer als Lektor in den Metadaten des Buches angeben oder willst du manchmal gar nicht erwähnt werden?

Natalie: Ich bestehe nicht darauf, genannt zu werden. Aber ich erlaube den AutorInnen immer, mich im Impressum als Lektorin zu benennen.

Serena: Ich überlasse die Entscheidung auch dem Autor, hatte aber auch schon Bücher, wo ich lieber nicht genannt worden wäre.

Rebecca: Die Frage hat sich nie gestellt, da ich bisher immer im Impressum genannt wurde. 

Oliver: In der Regel: Ja. Ansonsten: Alan Smithee lässt grüßen.

Serena: Was heißt das?

Oliver: Alan Smithee – wenn Du das im Vorspann oder Abspann eines Films liest, weißt Du, dass es einen massiven Konflikt gab und z.b. der Drehbuchautor nicht mehr als solcher genannt werden mochte.

(https://en.wikipedia.org/wiki/Alan_Smithee#Other_media)

Zum Ende hin wird es noch einmal ein bisschen persönlicher. Wie bist zu zum Lektorieren gekommen?

Rebecca: Ich bin tatsächlich über meine Leseleidenschaft und dem Bloggen zum Lektorieren gekommen. Ich kam in Kontakt mit Autoren, war Testleser und habe offenbar genug Fehler entdeckt und kritische Anmerkungen gemacht. Wie gesagt mache ich das nebenberuflich. Aber auch hauptberuflich arbeite ich in einem Lektorat als Assistentin. Allerdings beschäftige ich mich dort nur mit Fachtexten und Normen.

Oliver: Ehemalige KlassenkameradInnen und Bekannte betrauten mich mit der Arbeit an ihren akademischen Werken – weil sie wussten, dass ich mich sprachlich gut ausdrücken kann und sehr kritisch bin. Dann habe ich für verschiedene Zeitungen als Lektor gearbeitet und erhielt die ersten Aufträge für literarische Lektorate. Dann kamen Aufträge über Autorengruppen auf facebook.

Serena: Ich habe als Produktmanagerin in einem Kinderbuchverlag gearbeitet, habe mich dann auf eine ähnliche Stelle in einem Publikumsverlag beworben, die aber auch das Lektorat beinhaltet hat, und habe es dann dort gelernt.

Natalie: Mein Weg hat mich nach dem Abitur zunächst zur Kriminalpolizei geführt. Nach ein paar Jahren habe ich allerdings gemerkt, dass mich der Job nicht wirklich erfüllt. Deswegen habe ich mich zur Lektorin weitergebildet und arbeite nun hauptberuflich als freie Lektorin. Ein gutes Sprachgefühl hatte ich schon immer und schon in meiner Jugend habe ich geschrieben.

Oh, was für faszinierende Einblicke in eure Leben… Dankeschön.


Welche Zusammenarbeiten waren für dich selbst besonders lehrreich?

Oliver: Eine, wo ich den Auftrag sehr schnell zurückgab. Der Autor war handwerklich unfähig, aber irrsinnig von sich überzeugt. Der Verlag war zwar ziemlich unangenehm berührt, hat mir dann aber später unter der Hand gestanden, dass ich im Recht war. Auch sie haben inzwischen die Zusammenarbeit mit dem Autor im Streit beendet.

Ich war am Anfang am Zweifel, ob ich nicht zu zickig wäre – aber dann …

Serena: Ich habe eigentlich bei jedem Lektorat etwas dazugelernt. Für mich selbst, da ich ja auch Autorin bin, sind Texte von sehr fortgeschrittenen Autoren hilfreich (so wie auch das bloße Lesen solcher Texte), da ich hier sehen kann, wie sie Situationen und Gefühle beschreiben oder Dialoge gestalten. Aber auch Debütautoren können lehrreich sein, weil ich so sehe, wo es häufig noch Probleme gibt und darauf kann ich in meinem YouTube-Kanal für Autoren eingehen.

Rebecca: Schließe mich Serena an.

Natalie: Für mich war jede Zusammenarbeit bisher etwas Besonderes und gewissermaßen lehrreich. Die Vielfalt macht es.

Oliver: Ich schließe mich ebenfalls dahingehend an, dass JEDES Lektorat auch für mich lehrreich war – aber besonders lehrreich war leider gerade eine unangenehme Erfahrung.

Eine letzte Frage habe ich für unsere heutige Runde noch. Dann ist es leider schon wieder vorbei.

Auf welches Werk, an dem du mitgearbeitet hast, bist du besonders stolz und warum?

Natalie: Es ist wirklich schwer, sich auf ein Werk festzulegen. Sagen wir eher so: Ich bin stolz, dass ich eine Arbeit ausüben darf, die mich erfüllt und mir viel Spaß macht.

Serena: Ich bin schon irgendwie auf die erfolgreichen besonders stolz. Auch wenn die anderen natürlich ebenso Spaß machen, aber wenn man sieht, wie das lektorierte Werk die Charts erobert, freut man sich natürlich um so mehr mit. 

Oliver: Ich bin eigentlich auf alle stolz – weil die AutorInnen mit mir zusammen hart an der Zuspitzung ihrer jeweiligen Texte gearbeitet haben und vor allem auch, weil sie meine Hinweise für künftige Werke ernst genommen haben und mich in der Folge ein Stück weit arbeitslos machten. Ein Highlight war aber sicherlich ein damaliges Novum in der bayerischen Kommunalgeschichte, das ich mitformulieren half und lektorierte: Der landesplanerische Vertrag zwischen den Städten Deggendorf und Plattling.

Herzlichen Dank, dass ihr heute Abend meine Gäste wart. Es war eine schöne Premiere für mich und ich hoffe, meine Leserinnen und Leser fühlen sich ebenso unterhalten wie informiert. Vielleicht mache ich sowas in Zukunft ja sogar öfter.

Oliver: Danke zurück!

Natalie: Danke für das tolle Interview. 

Oliver: Und wir alle bleiben in Kontakt wegen dieser Vertragssache. Es wird allerdings noch etwas dauern … aber: ich vergesse es nicht, versprochen.

Serena: Das hoffe ich auch, danke für deine Mühe!

Rebecca: Ich danke auch, besonders für die Einblicke in die Arbeit der anderen.


Falls du nach dem Lesen dieses kleinen Talkformats noch konkrete Fragen zum Thema Lektorat hast, schreibe sie bitte in die Kommentare und ich werde mich um einen entsprechenden Gastartikel bemühen.